Zur Entstehung des Guntersblumer Kellerweg-Festes
Fragen an Gert Oswald, einen Zeitzeugen und aktiven Beteiligten
Herr Oswald, wie alt ist das Kellerweg-Fest und wie ist es entstanden?
Das Kellerweg-Fest hat seinen Ursprung Anfang der 60er Jahre. Damals kam Hugo Seibert als hauptamtlicher Bürgermeister nach Guntersblum, dem nicht nur die schönen Seiten von Guntersblum ins Auge fielen, sondern der auch die „Drecksecken“ wahrnahm und an den Pranger stellte. In Zusammenarbeit mit den örtlichen Vereinen schaffte er es binnen weniger Jahre, unser Dorf von diesen Schandflecken zu befreien. Unser Dorf wurde schöner.
Einer dieser Vereine war die Landjugend, deren Vorsitzender damals Günther Strub war und dessen Nachfolge ich 1964 antreten durfte. Wir bekamen den Auftrag, den Tanzplatz am Julianenbrunnen wieder herzurichten.
Mit viel Freude und Elan haben wir uns an diese Aufgabe gemacht und nach Fertigstellung unseres Projektes galt es natürlich auch, den neu gestalteten Tanzplatz gebührend einzuweihen.
Das geschah am 18. Juli 1964. Jeder Aktive brachte etwas zu essen oder zu trinken mit. Der Gesangverein Concordia verlegte zur Feier des Tages sogar seine Singstunde an den Tanzplatz und brachte einige Ständchen.
Kurzum, wir feierten ein schönes Fest, zu dem spontan viele Besucher kamen. Leider reichte der Wein nicht für alle und so beschlossen wir, dieses Fest im nächsten Jahr mit genügend Wein für alle zu wiederholen. Das war die eigentliche Geburtsstunde des Kellerweg-Festes.
Wie veränderte sich das Fest im zweiten Jahr?
Der Wein wurde an auf dem Tanzplatz aufgestellten Tischen ausgeschenkt. Ein Jahr später gab der Gesangverein Eintracht unter Leitung von Lehrer Weber ein Konzert, während dessen jedoch – ganz im Gegensatz zu heute – kein Wein ausgeschenkt werden durfte. Leider machte uns ein Gewitter mit starken Niederschlägen das Leben schwer, so dass wir sozusagen notgedrungen die ersten Keller aufgemacht haben.
Und auch den Wein gab es nicht mehr kostenlos. Um alle entstehenden Kosten decken zu können, haben wir einen kleinen Aufschlag auf den Wein nehmen müssen.
Wer hatte danach die Idee dazu, das Kellerweg-Fest zu einer festen Guntersblumer Einrichtung zu machen?
Diesen Gedanken hatte Bürgermeister Seibert und so beschlossen wir, im Gasthaus „Zur Krone“ (heute „Bistro Christo“) eine kleine Versammlung zur weiteren Planung einzuberufen.
Damit war das Kellerweg-Fest etabliert. Federführend organisiert wurde es von Hugo Seibert, der dabei tatkräftig von seiner Sekretärin Elfriede Daubermann unterstützt wurde. Und schon damals wurde das Fest zum größten Teil aus dem Verkauf der Weingläser finanziert. Diese kosteten damals immerhin schon 50 Pfennig.
Und nicht nur der Wein war eine Attraktion, sondern auch eine Skaterbahn, die auf dem Marktplatz aufgebaut wurde.
Mit den damals eingenommenen Standgebühren war es uns bereits nach zwei Jahren möglich, die Toilettenanlage in der Götzenstraße zu bauen. Verändert haben wir auch den Termin, der von Juli auf Mitte bzw. Ende August verschoben wurde.
Es beteiligen sich heutzutage viele Vereine am Kellerwegfest. War das schon immer so?
Wie schon gesagt, am Anfang waren es vor allem die Landjugend und der Gesangverein Eintracht, die das Fest aus der Taufe hoben. Im Laufe der Jahre kam eine Vielzahl von Vereinen hinzu. Alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen.
Das Kellerweg-Fest wird auch als „Weinfest mit der Besonderen Note“ bezeichnet. Was macht diese „Besondere Note“ aus Ihrer Sicht aus?
Ich kenne kein anderes Weinfest, das vor so einer wunderbaren Kulisse wie dem Kellerweg stattfindet. Außerdem findet bei uns der Weinausschank nicht in Zelten oder vor der Tür statt, sondern überwiegend in Original-Weinkellern.
Wir können mit Fug und Recht sagen: Das Guntersblumer Kellerweg-Fest ist das Original der Straßen-Weinfeste überhaupt.
Hat sich die Ausgestaltung des Kellerweg-Festes oder auch die Qualität und Vielfalt der angebotenen Weine und Speisen im Lauf der Zeit verändert?
Während das Fest in den ersten Jahren rund um den Julianenbrunnen gefeiert wurde, hat es sich im Laufe der Zeit auf den gesamten, immerhin ein Kilometer langen Kellerweg ausgedehnt.
Auch das Angebot an Weinen und Speisen ist viel breiter geworden. Fangen wir mit dem Wein an.
In den ersten Jahren war es Bedingung, dass jeder Keller, der zum Kellerweg-Fest öffnen wollte, vier Weine im Ausschank haben musste. Diese Zahl hat sich mittlerweile in einem Maß vervielfacht, dass wir unseren Gästen die „Weine mit der Besonderen Note“ als Leitfaden und Qualitätsmerkmal an die Hand gegeben haben.
In gleichem Maße hat das Angebot an Speisen im Lauf der Jahre zugenommen. Waren es zunächst luftgetrocknete Bratwürste und Schmalzbrote, so lassen die Speisekarten aller Keller zusammen kaum noch kulinarische Wünsche offen.